In Austin und Virginia City fanden wir leider kein Gold oder Silber

Nach tiefem und gesundem Schlaf in unserem schönen Zimmer im Cozy Mountain Motel in Austin, Nevada, folgten wir der Empfehlung und liefen zu Fuss entlang der Main Street zum Toiyabe Café. Der feine Duft von Kaffee und frisch gebratenen Spiegeleiern kam uns schon beim Betreten des hübschen Lokals entgegen. Die Bedienung war äusserst freundlich und zum Überbrücken der Wartezeit gab er uns noch eine kleine Broschüre mit allerlei interessanten Informationen über Austin.

Highway 50
Ein leckeres Frühstück im Toiyabe Café in Austin, Nevada
Austing
Omelette mit Käse und Hash Browns
Austin
Spiegeleier, Patties, Hash Browns und Toast
Austin
Brandschutz

Das währschafte Frühstück schmeckte köstlich und unsere Kaffee Mugs wurden auch noch bis zum Rand gefüllt. Austin ist eine Kleinstadt mit ungefähr 330 Einwohnern. Sie liegt auf gut 2’000 Meter über Meer in einem tief eingeschnittenen Tal der Toiyabe Bergkette am Highway 50. Den höchsten Punkt der Bergkette bildet der Arc Dome mit einer  3’592 Metern über Meer.

Gegründet wurde Austin im  Jahr 1862, zu einer Zeit, als der erste Gold und Silber Rausch durch den amerikanischen Westen tobte. Seit jenen Jahren hat Austin sich seinen ursprünglichen Charakter als originale Western Town weitgehend bewahren können. Mit dem International Café befindet sich in Austin auch das älteste Hotelgebäude Nevadas. Das Café selbst ist heute allerdings nur noch ein Speiselokal ohne Hotelbetrieb. Gemütlich machten wir uns dann auf den Rückweg zum Motel. Der Charme der alten Zeit ist wirklich präsent. Austin hat uns sehr gut gefallen.

Highway 50
Austin Masonic and Oddfellows Hall erbaut 1867
Austin
Hier wird nichts mehr ausgeschenkt
Austin
International Café and Bar
Austin
Empfangskomitee des Cozy Mountain Motel

Der Highway 50 folgt ziemlich genau der alten Route des Pony Express Trail, dem bekannten Posttransport zu Pferd aus der Gründerzeit von Austin. Junge Reiter widerstanden der brutalen Hitze, der winterlichen Kälte sowie den Feindseeligkeiten der Indianer und der Gier weisser Posträuber. Unter grössten Entbehrungen transportierten sie die damalige Post. Der Pony Express Brieftransport war lediglich während April 1860 und Oktober 1861 aktiv. Die Fertigstellung der Transkontinentalen Eisenbahn sowie die Eröffnung der transkontinentalen Telegrafenlinie machten ihn überflüssig. Das Anforderungsprofil der Reiter war für heutige Verhältnisse unvorstellbar. Hier ein Auszug: «Young, skinny and wiry fellows not over eighteen. Must be expert riders willing to risk death daily. Orphants preferred. Wages paid $25 per week.»

Austin
Pony Express Reiter (Quelle: Internet)

Jeder der Reiter entlang der Route von St. Joseph in Missouri bis nach Sacramento in Kalifornien deckte einen Abschnitt von ungefähr 140 Kilometern ab. Die Pferde wurden pro Abschnitt dreimal gewechselt. Ein Wechsel der Pferde durfte nicht länger als zwei Minuten dauern. Es ist überliefert, dass einige Reiter dies sogar in 15 Sekunden schafften. Ein Brief war über die gesamte Strecke von 2’900 Kilometern zwischen St. Joseph und Sacramento während nur zehn Tagen unterwegs. Die Pony Express Pferde wurden in gedeckten und geschlossenen Ställen gehalten. Dies um Diebstahl oder Tötung durch die ansässigen Indianer zu verhindern.

Am 2. Mai 1862 entdeckte William M. Talcott auf der Suche nach einem entlaufenen Pferd im Pony Canyon eine reiche Silberader, was den Silber Rausch in Gang setzte und zur Gründung von Austin führte. Im Sommer 1863 wurden in Austin und der Umgebung bereits über 10’000 Einwohner gezählt. Im Jahr 1867 wurde der Abbau von Silber Erzen sowie deren Verarbeitung weitestgehend eingestellt.

Austin brachte auch eine grosse Persönlichkeit hervor. Es handelt sich um die bekannte Opernsängerin Emma Wixom Nevada. Sie zog als kleines Kind nach ihrer Geburt im Jahr 1859 mit ihren Eltern nach Austin. Ihr Vater eröffnete eine Arztpraxis. Schon früh wurde man auf ihre Gesangskünste aufmerksam und schon im Alter von 12 Jahren studierte sie Musik. Ihre grössten Erfolge feierte Emma Wixom Nevada in Europa.

Wir brachen jetzt auf und wollten eigentlich noch das Stokes Castle besichtigen. Diese sehenswerte Attraktion ist ein viereckiger, aus Steinen roh zusammengemauerter und drei Stockwerke hoher Aussichtsturm, der im Jahr 1897 errichtet aber nur einige Monate im selbigen Jahr bewohnt wurde. Da dorthin aber nur eine Dirt Road führt, und wir keinen intakten Reserreifen mehr hatten, verzichteten wir auf einen Besuch und setzten unseren Weg auf dem asphaltierten Highway 50 Richtung Westen fort. Schon kurz nach Austin folgte der erste Fotohalt. Der Highway 50 schneidet sich an dieser Stelle durch eine Art Sanddünen Landschaft.

Highway 50
Der Highway 50 führt kurz nach Austin durch eine Art Dünenlandschaft

Dieses aus der Vermarktung des Highway 50 bekannte Sujet liessen wir uns nicht entgehen. Beim Fotoshooting hielt noch eines der selten zu sehenden Fahrzeuge an. Die Fahrerin, wir denken eine Bewohnerin von Austin, fragte, ob wir Hilfe benötigten. Sie fuhr zuerst an uns vorbei, kehrte nach wenigen hundert Metern und fuhr zu uns zurück. Hier draussen hilft man sich noch, auch wenn es sich um Fremde handelt.

Gold Hill, bei Virginia City in Nevada, war unser heutiges Tagesziel. Das alte Städtchen, ebenfalls aus der Silber- und Goldgräber-Zeit liegt 276 Kilometer von Austin entfernt. Wir rechneten mit einer reinen Fahrzeit von etwa drei Stunden. Das hielt sich im Vergleich zu anderen Strecken absolut in Grenzen. Die erste Streckenhälfte führte wie schon an den Vortagen schnurgerade durch entlegendste Gegenden. Je mehr wir uns aber Carson City und dem Lake Tahoe näherten, desto mehr Betrieb kam auf. Vorbei war es mit der Einöde und den Strassen ohne Kurven und Verkehr.

Highway 50
Tanken und essen entlang des Highway 50
Middlegate Station
Keine Zustellung durch den Pony Express Reiter
Highway 50
Sand Mountain Recreation Area

So verabschiedeten wir uns langsam von der Einsamkeit des Highway 50 und konzentrierten uns voll und ganz auf den sonntäglichen Ausflugsverkehr. Kurz nach der Middlegate Station (Bilder oben) fährt man an einer Navy Station vorbei und erreicht daraufhin die Sand Mountain Recreation Area. Dieses Naherholungsgebiet besteht im Wesentlich aus einem riesigen Sandhügel. An dessen steilen Hängen toben sich ATV und Motocross Fahrer aus. Es ist laut und auf dem grossen Parkplatz werden die Spielzeuge für das Sandabenteuer vorbereitet. Wir ersparten uns den Eintritt und schauten dem regen Treiben aus der Distanz zu. Dann ging es weiter. Vor Carson City verliessen wir den Highway 50 und bogen auf den Highway 321 ein. Dieses Strässchen führt in zahlreichen Kurven hinauf auf die Hügel. Bald erreichen wir Silver City, dann Gold Hill und schliesslich Virginia City. Den Namen nach alles Städtchen mit Bezug zur alten Silber- und Goldgräberzeit. Links und rechts der Strasse sind alte Minen und Schächte zu sehen. In Gold Hill suchten wir unser Hotel, das altehrwürdige Gold Hill Hotel. Es ist das älteste noch in Betrieb stehende Hotel im ganzen Bundesstaat Nevada. Wir fühlten uns in der Zeit zurückversetzt.

Gold Hill Hotel
Gold Hill Hotel – Wir hatten das Zimmer oben links mit Balkon
Gold Hill Hotel
Der William’s Room

Wir hatten eines der beiden original Zimmer schon im Voraus für zwei Nächte gebucht. Die Einrichtung, die Zimmergrösse aber auch die knarrenden Fussböden erinnerten an frühere Zeiten. Gemäss Hotelbesitzer sollen in unserem Zimmer auch schon Geister ihr Unwesen getrieben haben. Das mag schon sein, wenn man sich vorstellt, was seit den frühen 1860er Jahren in diesem Gebäude schon alles geschehen sein ist. Unser Zimmer trug den Namen William’s Room. Wir hatten die ideale Unterkunft gebucht. Allerdings kamen wir zum Schluss, dass wir unseren Aufenthalt auf eine Nacht beschränken würden.

Gold Hill Hotel
In der Lobby des Gold Hill Hotels

Das Angebot an Sehenswürdigkeiten in und um Virgina City erschien uns als etwas beschränkt. Das war absolut kein Problem, und die zweite, bereits bezahlte Nacht wurde uns vollumfänglich zurückerstattet, auch wenn wir gemäss dem Kleingedruckten keinen Anspruch darauf gehabt hätten. Nach dem Zimmerbezug fuhren wir von Gold Hill in das nahe gelegene Virginia City.

Virginia City
Einer der zahlreichen Souvenirläden
Virginia Citry
Auf Holzplanken von Saloon zu Saloon

Das Städtchen liegt mit seinen knapp 900 Einwohnern auf einer stattlichen Höhe von knapp 1’900 Meter über Meer. Virginia City ist eine der ältesten Siedlungsgründungen in Nevada und westlich des Mississippi. Ihre Bedeutung und starkes Wachstum der Bevölkerung verdankt Virginia City der Comstock Erzader und den hiesigen Silberfunden im Jahr 1859. Innerhalb kurzer Zeit stieg die Bevölkerung am Höhepunkt der Goldgräberzeit auf nahezu 30’000 Einwohner, nur um seit dem Ende der 1880er Jahre, als die Funde nachliessen, wieder stark zu schrumpfen. Der Betreiber der Comstock Mine zahlte vier Dollar für einen Arbeiter im Achtstundentag. Die Arbeit war aber wegen der grossen Hitze im Inneren der Stollen sehr beschwerlich. Viele Häuser sind im Stil der viktorianischen Epoche hübsch und orginalgetreu restauriert worden. Verschiedentlich gibt es noch hölzerne Gehsteige, die von Saloon zu Saloon und von Souvenirshop zu Souvenirshop führen. Virginia City verzeichnet jährlich bis zu 2 Millionen Besucher. Das war dem Städtchen aus anzumerken. Keine Spur von Geisterstadt, es herrschte reges Treiben und das frisch gebraute Bier in einem der Saloons schmeckte köstlich.

Virginia City
Die leider nicht autofreie Main Street

Zur Blütezeit wurden mehr als 100 Saloons und zahlreiche Bordelle verzeichnet. Die Gegend ist sehr trocken und nur selten fällt Schnee oder Regen. Die Versorgung mit Trinkwasser war daher schwierig. Es wurden Kohlefilter zur Wasseraufbereitung verwendet. Bei archäologischen Ausgrabungsarbeiten der Pipers Old Corner Bar wurden auch Mineralwasserflaschen aus Deutschland aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gefunden. Globalisierung ist also kein aktuelles Thema. Schon damals wurde Wasser um die halbe Welt transportiert.

So langsam aber sicher schlossen die Saloons und die zahlreichen Souvenirläden. Zeit für uns, ins Hotel zurückzukehren um im hoteleigenen Crown Point Restaurant ein ausgezeichnetes Nachtessen zu geniessen.

Crown Point Restaurant
Viel war nicht los – aber das essen war ausgezeichnet
Crown Point Restaurant
Prime Rib mit knackigem Gemüse und Horseradish
Crown Point Restaurant
Warmer Schokomuffin mit Vanille Eis

Zum Essen gab es auch eine passende Weinbegleitung. Mit vollen Bäuchen gingen wir zu Bett und waren gespannt, ob Geist William in der Nacht auftauchen würde.

 

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