Die Nacht auf dem Campingplatz Pè da Munt war etwas kühl, aber wir haben es überlebt ! Nach dem Frühstück und dem Check Out machten wir in Santa Maria einen ersten Halt. Das hübsche rund 350 Einwohner zählende Dörfchen liegt mit seinen engen Gassen auf einer Höhe von 1’375 Meter über Meer. Ortssprache ist das Jauer, eine bündnerromanische Mundart. In den Geschäften kann man sich aber auch gut auf Schweizerdeutsch verständigen. Das Spital ist mit 85 Angestellten und vier Ärzten das zweitkleinste Schweizer Spital, aber der grösste Arbeitgeber des Tals. Es dient als Akutspital für ambulante Eingriffe, Pflegeheim, Hausarztpraxis und Zentrale des Rettungsdienstes.

In Dokumenten wird die Gemeinde Santa Maria erstmals in den Jahren 1167 und 1170 als Capellam sancte Maria erwähnt. Dabei handelte es sich um eine Kapelle. Nach und nach entstand im Umkreis der Kapelle das Dorf. Santa Maria beherbergt die kleinste Whisky Bar der Welt. Sogar eigener Whisky wird hier destilliert. Leider war die Bar am frühen Vormittag noch geschlossen. Offen dagegen war die Bäckerei Meier mit eigenem Kaffee. Hier deckten wir uns mit Amaretti und Bündner Nusstorte ein. In der Metzgerei Saxer konnten wir dem Hirschsalsiz, dem getrockneten Hirschfleisch sowie dem Capuns nicht widerstehen. Dasselbe gilt für die tollen, selbsthergestellten Webartikel der traditionsreichen Handweberei Tessanda (räteroromanisch für Weberei).

Ins Leben gerufen wurde die Tessanda im Jahr 1928 vom reformierten Pfarrer Rudolf Filli, der der Abwanderung junger Leute entgegenwirken wollte. Die Tessanda versucht, unter Beibehaltung der traditionellen Technik am Handwebstuhl die Produktpalette zum Beispiel um Seidenware zu erweitern. Der Betrieb verfügt über 25 historische Webstühle, von denen 18 derzeit in der Produktion benutzt werden. Es werden auch Besichtigungen durchgeführt und im eigenen Geschäft werden auch Fragen zur Herstellung und Geschichte sehr gerne beantwortet. Wir kauften einen Brotsack sowie einen Handbeutel. Santa Maria ist zudem der Geburts- und Heimatort von Dario Cologna, dem Schweizer Langläufer und Olympiasieger.
Nach dem schönen Bummel durch Santa Maria mit einigen Einkäufen überquerten wir die Grenze zu Italien und waren fortan im Südtirol in Richtung Vinschgau unterwegs. In Glurns legten wir eine Kaffeepause ein. Ein besonderes Merkmal der rund 900 Einwohner zählenden Stadt Glurns sind ihre vollständig erhaltenen Stadtmauern.

Diese trennen die Stadt in eine so genannte Inner- und eine Ausserstadt. Glurns ist eine der acht Städte Südtirols und die einzige Stadt im Vinschgau. Glurns war schon in der Römerzeit ein Verkehrsknotenpunkt. Die Via Claudia Augusta verlief hier ebenso wie ein Handelsweg in die nahe Schweiz. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahr 1163. Glurns brannte mehrmals nieder und wurde neu errichtet, so etwa im Jahr 1664 und ganz verheerend am 5. Januar 1732, als 89 Häuser und Scheunen samt Vieh niederbrannten.

Im Gasthof zum grünen Baum genehmigten wir uns einen feinen Kaffee und frisch gepressen Apfelsaft, eine Spezialität des Vinschgaus. In Glurns gibt es zahlreiche Kaffees, Restaurants und hübsche Geschäfte. Das Städtchen ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Im Zentrum kann eigentlich nicht parkiert werden. Es stehen jedoch unmittelbar ausserhalb der Stadtmauern öffentliche Parkplätze zur Verfügung.
Wir fuhren nun weiter in Richtung Schluders und Prad am Stilfserjoch, von wo aus die kurvenreiche und teilweise enge Passstrasse auf das Stilfserjoch führt. In Gomagoi bogen wir ins Suldental in Richtung Sulden ab. Sulden ist ein Bergdorf mit etwa 400 Einwohnern. Es liegt auf 1’900 Meter Höhe und wird überragt von Bergen der Ortler-Alpen; hierzu gehören der Ortler, die Königspitze und der Zebrù. Der Tourismus ist im Sommer wie im Winter Suldens Haupterwerbszweig. Der Ort hat mehr als 2000 Gästebetten. Der Bergsteiger Reinhold Messner unterhält auf den Almen von Sulden eine Herde von Yaks. Er hat im Dorf in einem restaurierten Bergbauernhof einen Buschenschank (Bäsebeiz). Wir fuhren direkt zur Langenstein Gondelbahn, welche die Passagiere an den Fuss des Ortlers führt.

Mit an Bord waren zahlreiche Bergsteiger, welche sich seriös auf ihre mehrtätige Touren vorbereiteten. So hoch wollten wir aber nicht hinaus. Wir begnügten uns mit einer kleinen Rundtour entlang des Fusses des Ortlers bis zu den grossen Schneefeldern, wo es für uns kein Weiterkommen mehr gab.


Die Gondelbahn hat zwei Abschnitte und ungefähr auf halbem Weg muss die Gondel gewechselt werden. Im Sommer fährt sie jeweils im 20 Minuten Takt, nicht aber über Mittag. Wir machten noch Rast auf der wunderschön gelegenen Sonnenterasse des Restaurants Traube. Dieses liegt unmittelbar bei der Bergstation der Gondelbahn. Der Kaffee und der Apfelstrudel waren köstlich. Danach traten wir die Talfahrt an. In Sulden füllten wir im Supermarkt noch den Kühlschrank bevor wir uns auf die Suche nach einer Bleibe für die Nacht machten.
Wir entschieden uns für den Camping Trafoi. Dieser liegt wunderbar gelegen auf rund 1’500 Meter Höhe im gleichnamigen 80 Seelen Dorf Trafoi. Der Name kommt vom rätoromanischen Ausdruck Tra Ful und bedeutet «drei Quellen». Diese drei Quellen wurden mit der Kapelle zu den heiligen drei Brunnen überbaut und sind ein christlicher Wallfahrtsort. Der Ort ist Namensgeber für die nahe gelegene und gut erkennbare Trafoier Eiswand. Durch den Ort führt die Strasse auf den bekannten 2’757 Meter hohen Alpenpass Stilfser Joch. Aus Trafoi stammen die Skirennfahrer Gustav (4-facher Weltpokalgewinner, Weltweister und Olympiasieger) sowie sein Cousin Roland Thöni (Olympia Zweiter und Gewinner von Weltpokalrennen).
Nach dem Ortsausgang muss man scharf links in eine kleine Strasse einbiegen, um zum Campingplatz zu gelangen. Leider hatten wir diese Ausfahrt verpasst. Zuerst dachten wir, dass wir nach der nächsten Kurve einfach umkehren. Das war aber nicht möglich, denn die Spitzkehren hinauf zur Passhöhe erlaubten kein Wendemanöver. Zudem verengte sich die Strasse und das Verkehrsaufkommen war enorm. So fuhren wir einige Kilometer in Richtung Passhöhe, bevor wir einen geeigneten Platz für ein Wendemanöver fanden.
Der Camping Trafoi ist ein sehr schöner Campingplatz. Die Flächen sind terrassiert und bieten alle eine grandiose Aussicht auf die Bergwelt. Die Stellplätze sind genügend gross und verfügen über Stromanschluss. Beim Empfang kann man sich im kleinen Kiosk noch mit dem Wesentlichen eindecken. Zum Abendessen bereiteten wir den in Santa Maria gekauften Capuns zu und nach Eindunkeln sahen wir noch die Lichter des Rifugio Borletti hoch oben in den Bergen.