Nach der doch etwas anstrengenen 5 Seen Wanderung vom Vortag liess ich es heute etwas ruhiger angehen und schloss mich der Gruppe 3 der Wandergruppe Speer der Pro Senectute Zürichsee Linth an. Mit Zug und Bus fuhren wir vom Bahnhof in Uznach nach Oberkempten dem Ausgangspunkt unserer heutigen Wanderung.
Der erste Abschnitt unserer Wanderung führte uns durch das idyllische Chämtnertobel. Doch schon kurz vor dem eigentlichen Beginn wurden wir auf eine interessant gestaltete Informationstafel aufmerksam.
Der Besucher erfährt an dieser Stelle so einiges Wissenswertes über die Industrialisierung und Nutzung der Wasserkraft zur Stromerzeugung zu Zeiten der Industrialisierung des Zürcher Oberlandes.
Unsere heutige Pro Senectute Wanderung sollte uns an einigen der geschilderten und historisch oder geologisch relevanten Punkte vorbeiführen. Doch dazu später mehr.
Jetzt waren wir perfekt vorbereitet und hielten die Augen offen. Das Chämptnertobel ist ein sehr schönes Naherholungsgebiet der umliegenden Gemeinden Kempten und Bäretswil. Zahlreiche lauschige Grillplätze laden zum Verweilen ein. Der Chämpterbach schlingert sich durch waldiges Gebiet und wirkt weitestgehend nicht naturiert. So folgt er seinem eigenen Lauf durch die Nagelfluh Gesteinsschichten. Die immerwährende Erosion kann an zahlreichen Stellen beobachtet werden.
Wir machten kurz Rast an einem schönen Wasserfall. An dieser Stelle ist die Erosion der Nagelfluh Gesteinsschichten sehr gut sichtbar. Dank des starken Regenfalls der vergangenen Tage führte der Chämpterbach sehr viel Wasser. Der Boden war noch ziemlich nass, und die Sonneneinstrahlung liess ein sehr feucht warmes Klima entstehen. Nach einer kurzen Trinkpause und den interessanten Erläuterungen unseres Wanderleiters führte uns der Weg weiter ins Chämpterobel hinein und am Tobelweiher vorbei.
Der Tobelweiher war im 19. Jahrhundert ein wichtiges Element für die Stromerzeugung im Chämptnertobel. Heute ist es ruhiger geworden, und der Tobelweiher gilt als ein grosses Biotop, welches Lebensraum für zahlreiche Tiere darstellt. Auch wir hielten Ausschau und konnten einige Lebewesen ausfindig machen. Wenig später stiessen wir auf einen geheimnisvollen Turm und wenig später auf einen zweiten nicht weniger eindrucksvollen. Es handelt sich dabei um zwei der ursprünglich drei gebauten und betriebenen Transmissionstürme.
Die geheimnisvollen Türme im Kemptnertobel, die sogenannten Tobeltürme, dienten der Versorgung der Fabriken mit Antriebsenergie. Sie wurden für Bäretswiler Webereien erbaut. Im engen Tobel war zwar Wasserkraft, aber zu wenig Baugrund für die Fabrikgebäude vorhanden. Eigene Elektrizität erzeugten die Textilfabriken um 1875 noch nicht, deshalb transportierte man die Kraft durch eine Seiltransmission von den Turbinentürmen mit Drahtseilen, die über Seilscheiben liefen, hinauf auf die Talschulter. Dort wurden auf dem ebenen Baugrund die Fabriken errichtet.
Drei Transmissionstürme standen im Tobel. Der oberste von ihnen musste dem Bau der Kläranlage Bäretswil weichen. Er diente der Krafterzeugung für die 1862 eröffnete Baumwollweberei Neuegg südlich des Tobels. Der unterste steht noch. Er wurde aber nie in Betrieb genommen, da die Gesellschaft, für die er gebaut wurde, bereits vor der Eröffnung des Betriebs Konkurs anmelden musste.
Der mittlere Tobelturm entstand 1873 für die 1875 eröffnete Seidenweberei Tobel der Firma Rüegg & Wartmann, deren Fabrikationsgebäude sich nördlich des Grabens befindet. Er war bis 1923 mit einer Girard Turbine mit horizontalem Laufrad ausgerüstet, wie sie heute noch im Neuthal besteht. Seither ist er mit einer Francis Turbine ausgerüstet. Die ursprüngliche Holzteuchel Zuleitung zur Turbine wurde 1906 durch eine eiserne Druckleitung ersetzt. Über ein Drahtseil wurde die Kraft in die Fabrik übertragen, ebenso wie im Neuthal wurde auch hier eine Zwischenstütze mit einer Seilscheibe eingebaut, damit das Seil nicht zu stark durchhing. Die schlitzförmige Öffnung für das umlaufende Drahtseil ist im obersten Stockwerk des Turms noch vorhanden. Anstelle der Seilübertragung wurden aber 1923 ein Generator und eine elektrische Leitung montiert und die Zwischenstütze abgebrochen.
Nach dieser interessanten und lehrreichen Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert war es an der Zeit, unsere Wanderung fortzusetzen. Wir verliessen das Chämptnertobel und schlenderten gemütlich durch den Weiler Adetswil und weiter immer leicht bergauf in Richtung Ebnerberg entlang frisch gemähter Wiesen. Weshalb dieser Abschnitt des Wanderwegs Chatzetöbeli genannt wird, entzog sich unserer Kenntnis.
Unser nächstes Ziel war ein schöner Aussichtspunkt am Waldrand. Hier verpflegten wir uns aus dem Rucksack.
Leider war die Fernsicht auf die Alpenketten sehr eingeschränkt. Es war einfach zu dunstig, sodass die mächtigen Gipfel der am Horizont liegenden 4’000er nicht sichtbar waren. So konzentrierten wir uns auf Käse, Cervelats und andere mitgebrachten Leckereien.
Nach der wohlverdienten Pause ging es weiter zum nahe gelegenen Restaurant Rosinli, auch liebevoll Rosinli genannt, einem bekannten und sehr beliebten Ausflugsziel in der Region. Der Ausblick hinunter auf Wetzikon sei legendär, heisst es. Wir wurden nicht enttäuscht. Unser Wanderleiter hatte im Vorfeld unserer heutigen Wanderung wohlwissend einen Tisch reserviert.
Wir nahmen Platz, genossen die Aussicht und bestellten eine Kleinigkeit zu Essen. Das geht ziemlich unkompliziert. Am Kiosk wird die Bestellung aufgegeben und abgeräumt wird selber. Auf die kleinen und kleingebliebenen Gäste wartet ein grosser Spielplatz. Das Restaurant Rosinli ist auch mit dem Auto erreichbar, was es umso beliebter macht.
Der letzte Abschnitt führte uns über Wiesen und durch schattige Waldabschnitte wieder hinunter und zurück nach Oberkempten, dem Ausgangspunkt unserer schönen Wanderung. Hinter uns lagen schöne 7.9 Kilometer und 300 Höhenmeter durch das Zürcher Oberland. Vielen Dank an unseren Wanderletier für die Organisation, die Durchführung und die interessanten Hintergrundinformationen.
EIGENSCHAFTEN
DETAILLIERTE WANDERKARTE
PHOTO GALERIE
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