Nach einem feinen und Plastik- und Styropor-freien Frühstück im Clarion Hotel liessen wir in Eureka um die Ecke beim Reifenshop Tony Gosselin & Sons unseren defekten Hinterreifen reparieren. Wie schon in Ely (Link) und Farmington (Link) wurde uns auch hier kompetent und freundlich geholfen. Der seit 1954 als Familienbetrieb arbeitende Reifenshop ist top organisiert und kann bestens empfohlen werden. Nach etwas weniger als einer Stunde war der Reifen repariert, das Rad gewechselt und der Reifendruck neu eingestellt. Es konnte weitergehen.
Wir fuhren auf dem Highway 101 der Küste entlang nach Norden und machten bei nebligem Wetter und ganz leichtem Nieselregen beim Houda Point Beach und beim Luffenholtz Beach kurz Halt. Diese erreicht man über eine äusserst schmale und der Erosion ausgesetzte Küstenstrasse mit dem Namen Scenic Drive, in welche man kurz vor Westhaven abbiegt (GPS Koordinaten: 41°01’41.4″N 124°06’27.8″W).
Zu den Aussichtspunkten führt jeweils ein schön angelegter, kurzer Klippenweg. Was war das für eine Abwechslung nach den heissen und trockenen Wochen in der Wüstenlandschaft von Utah, Arizona und Nevada. Der Blick auf den nahe der Küste liegenden Camel Rock war besonders schön.

Die Küstenstrasse ist teilweise so schmal, dass sich zwei Fahrzeuge nicht kreuzen können. Sie führt zum kleinen und verträumten Küstenstädtchen Trinidad. Es war Zeit zu tanken, und wir stellten fest, dass die Gallone in Kalifornien wesentlich teurer war als noch in Utah oder Nevada. Trinidad verfügt über einen hübschen State Beach, wo wir nochmals kurz Halt machten. Mystische Nebelschwaden verhüllten die Felsen der Pewetole Insel.

Wir fuhren weiter auf dem Highway 101, und die Nebelschwaden lichteten sich. Die Sonne trat hervor. Der Abschnitt des Highway 101 wird nördlich von Trinidad auch Redwood Highway genannt. Wetter und Zeit passten ideal für einen Besuch eines Teiles des Redwood Nationalparks. Wir verliessen den Highway 101 (GPS Koordinaten: 41°20’57.0″N 124°01’38.0″W) und fuhren zum Prairie Creek Visitor Center.

Beim Prairie Creek Visitor Center beginnt ein kleiner und hübscher Rundweg entlang welchem man einige der mächtigen Redwood Bäume in ihrer vollen Grösse erleben kann. Der Weg führt durch ein Regenwald ähnliches Gebiet. Wir befanden uns in einem Teil des weitläufigen Redwood Nationalparks.
Im Schutzgebiet des Parks wachsen knapp 50 Prozent des natürlichen Bestandes der riesigen Mammutbäume, die zu den höchsten Bäumen der Erde zählen. Der Nationalpark wurde im Jahr 1968 gegründet, indem drei bestehende State Parks vereint wurden. Er verdankt seine Einrichtung der Geschichte der Landnutzung in Nordkalifornien. Nachdem die ehemals flächendeckenden Wälder der Mammutbäume fast völlig abgeholzt worden waren und der ursprüngliche gemässigte Regenwald nur noch in den abgelegensten Teilen des Bundesstaates zu finden war. Die frühindianischen Völker, welche hier siedelten, bestanden aus einigen hundert bis wenigen tausend Personen. Sie lebten in kleinen Dorf- und Familiengemeinschaften. Das milde Klima, der Fischreichtum im Meer und in den Flüssen und das Wild der Wälder und Prärien boten eine grosszügige Grundlage für die Ernährung und die Wälder lieferten das Baumaterial für Häuser. Diese günstigen Bedingungen führten zur grössten Bevölkerungsdichte aller bekannten Jäger- und Sammler-Gesellschaften weltweit.

Erste Entdecker erreichten die Region im Jahr 1775. In der Trinidad-Bucht, wenige Kilometer südlich des heutigen Parks ging die Heceta-Bodega-Expedition vor Anker und erklärte die Küste zum spanischen Besitz für das Königreich Neuspanien. Mit den Ureinwohnern gab es hier nur wenig Kontakt, doch wahrscheinlich schleppten die Entdecker Pocken ein, der zahlreiche Angehörige der Stämme zum Opfer fielen Doch da die Küste zu flach war für gute Häfen, ignorierten nachfolgende Seefahrer die Region für längere Zeit. Erst im Jahr 1828, das Gebiet gehörte nun zum von Spanien unabhängigen Mexiko, durchquerte der Trapper Jedediah Smith mit 20 Pelzjägern und einer Karawane aus 300 Mulis die Küstenberge auf der Suche nach einer neuen Route zwischen dem Pazifik und den Rocky Mountains. Die dichten Wälder waren schon zu Fuss schwer zu passieren und mit den Packtieren wurde es zur Qual.
Der ungeheure Bevölkerungszuwachs im Zuge der Besiedelung des Westens führte zu einem enormen Bedarf an Bauholz. Die Holzindustrie wurde innerhalb weniger Jahre zum führenden Wirtschaftszweig westlich des Mississippis. Das Holz des Coastal Redwoods war als gutes Nutzholz mit vielen Verwendungsmöglichkeiten sehr begehrt, weil es besonders witterungsbeständig und weitgehend resistent gegen Pilze, den Holzbock und sogar Termiten ist.
Die Zahl der Holzfällercamps im Kalifornischen Küstengebirge wuchs in den 1860er bis 1880er Jahren gewaltig. Zunächst reichten die Technik und die Werkzeuge nur für kleinere Bäume. Schon bald bildeten sich Spezialisten heraus, die im arbeitsteiligen Zusammenwirken den Hunger nach Baumaterial befriedigten. Die Choppers fällten den Baum mit grosser Präzision, so dass er weder so hart aufschlug, dass er splitterte, noch Nachbarbäume beschädigte. Peelers schälten die Rinde ab und Sawers zerlegten den Stamm in transportable Teile. Diese wurden mit Ochsen- oder Pferdegespannen über Rückegassen aus dem Wald geschleppt. Die Transportwege wurden von Hilfskräften ständig bewässert, um den Boden rutschig zu machen. Das alles führte beinahe zur Ausrottung des Bestandes an Redwoods.

Frühe Anläufe zum Schutz der Redwoodwälder gingen zurück bis 1879, als US Innenminister Carl Schurz auch die Redwoods auf eine Vorschlagsliste für weitere Nationalparke infolge der Errichtung des Yellowstone-Nationalparks im Jahr 1872 setzte. Die Idee stiess auf hinhaltenden Widerstand der Wirtschaftsinteressen und versank in den Archiven. Kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert und verstärkt nach dem Wiederaufbau von San Francisco wurden in konservativen Kreisen Stimmen laut, die einen Schutz von Restbeständen des Küstenmammutbaums forderten. Die Save the Redwoods League wurde 1918 von Honoratioren der kalifornischen Gesellschaft gegründet. Binnen kürzester Zeit brachten sie aus privaten Spenden enorme Mittel auf, die ausreichten, um die Kerngebiete der drei State Parks Jedediah Smith, Del Norte Coast und Prairie Creek zu kaufen. Der Staat Kalifornien brachte eigenes Land ein, löste Einschlagslizenzen ab und gründete die State Parks zwischen 1923 und 1929. So war der Fortbestand der Redwoods gesichert (Quelle: Wikipedia).

Nachdem wir den eindrücklichen Rundweg durch einen kleinen Abschnitt des Parks gemacht hatten, fuhren wir auf dem Scenic Drive durch die Waldlandschaft bis zum 12.7 Kilometer entfernten Nordeingang des Redwood Nationalparks. Dort führte uns der Highway 101 weiter durch wieder nebeliges Küstengebiet nach Crescent City, einem sehr hübschen Küstenstädtchen mit einem verträumten Fischerhafen und einem der bekanntesten Leuchttürme entlang der Küste des Pazifischen Ozeans, dem Battery Point Lighthouse. Crescent City wurde im Jahr 1851 von Goldsuchern gegründet und zählt heute rund 8’000 Einwohner.

Am 30. Juli 1865 lief der Passagierdampfer Brother Jonathan etwa vier Meilen vor Crescent City auf einen bis dahin nicht verzeichneten Unterwasserfelsen und sank innerhalb kurzer Zeit. Nur 19 der 244 Personen an Bord konnten sich retten. Die 225 Todesopfer stellten das bis dahin schwerste Schiffsunglück an der amerikanischen Pazifikküste dar. Das an Bord befindliche Gold löste in der Folge zahlreiche Bergungsversuche aus. Wir hatten Crescent City und das Battery Point Lighthouse bereits im Jahr 2014 anlässlich unserer Lighthouse Tour besucht und sogar hier übernachtet und oben beim Leuchtturm unsere ersten Wale sichten können. Heute war das nicht möglich. Zum einen war im November keine Walsaison und zum anderen war die Sicht aufgrund des Nebels einfach zu schlecht.
Aufgrund verschiedener Faktoren ist die Bucht, an der die Stadt liegt, die anfälligste für Flutwellen in den gesamten USA. Ein untermeerischer Gebirgsrücken, die Mendocino Bruchzone, lenkt die Tsunamis in die Bucht. Und die Form der Bucht fokussiert Wellen wie eine Linse, sodass sich Tsunamis auftürmen, während am Nachbarstrand alles ruhig bleibt. In der Vergangenheit kam dies bereits überaus häufig vor. Die Hafenanlage wurde komplett zerstört, Schiffe sanken und Menschen verloren ihr Leben (Quelle: Wikipedia).

Das Battery Point Lighthouse, einer der ersten Leuchttürme entlang der kalifornischen Pazifikküste kann nur bei Ebbe zu Fuss erreicht werden. Wir hatten Glück und erwischten gerade noch das Zeitfenster. Der Leuchtturm wurde im Jahr 1856 in Betrieb genommen und hat absolut nichts von seiner tollen Ausstrahlung verloren. Entgegen unserem letzten Besuch im Frühjahr 2014 war es heute an diesem nebligen und mystischen Tag im November leider geschlossen. Die Führung vor fünf Jahren war absolut genial. Ein älteres Ehepaar führte uns durch die Gebäude und hinauf bis zur Fresnel Linse. Sie arbeiteten saisonal und auf freiwilliger Basis. Dafür dürfen sie während der Saison im Leuchtturm wohnen.

Wir schafften es gerade noch so, vor Ankunft des Wassers sicher zum Ufer zu gelangen. Es ist schon unglaublich, mit welcher Kraft die Gezeitenströme arbeiten. Weiter ging es in Richtung Norden nach Bandon im Bundesstaat Oregon. Gegen Abend klarte das Wetter auf, der Nebel verschwand und machte einem grandiosen Sonnenuntergang Platz. Entlang der Küste über eine Strecke von 180 Kilometer machten wir zahlreiche Fotohalte. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Nachfolgend einige Impressionen aufgenommen beim Myers Creek Beach Viewpoint.
Die Bilder sprechen für sich. Es dunkelte an diesem November Tag recht schnell ein. Gerade noch Zeit für einen spontanten Schnappschuss entlang der Küste beim Humbug Mountain State Park und in Port Orford in Oregon beim Battle Rock Wayside Park.



So, jetzt genug Sonnenuntergang. Es war dunkel und unsere iPhones waren jetzt nur noch zum Telefonieren geeignet aber nicht mehr für Nachtaufnahmen. Ein schönes Zimmer erwartete uns im Table Rock Motel in der 44 Kilometer weiter nördlich gelegenen Ortschaft Bandon im Bundesstaat Oregon. Es war trotz Navigationssystem gar nicht so einfach, das Motel zu finden. Es liegt etwas ausserhalb in der Nähe des Strandes. Das hatten wir im Dunkeln aber gar nicht sehen können. Wir bezogen unser Zimmer und machten uns auf den Weg, um uns im Nahe gelegenen Coastal Restaurant Lord Bennett’s verwöhnen zu lassen. Wir zogen aus auf Fisch- und Muschelfang. Es war einfach nur köstlich, wenn auch etwas teurer als gewöhnlich.

Wir hatten Glück, trotz der späten Stunde noch einen freien Tisch zu bekommen. Das Lokal scheint bekannt und beliebt zu sein. Mit vollen Bäuchen fuhren wir retour zum Table Rock Motel und freuten uns auf den kommenden Tag und der Fahrt nach Astoria.