Nach einem deftigen Frühstück mit Spiegeleier, Hash Browns und Sausages im Anasazi Restaurant genossen wir die Ruhe und den Blick hinunter zur Bullfrog Marina, einem der Häfen am Lake Powell.

Dieser entstand Mitte der 1960er Jahre durch Aufstauung des Colorado an der Ostseite des Grand Canyon und entwickelte sich auf Grund vielfältiger Freizeitangebote um den See und zahlreicher Sehenswürdigkeiten im Umland zu einem beliebten Urlaubsziel. Niederschlagsarme Jahre und eine verstärkte Wasserentnahme lassen den Wasserpegel des Sees seit Jahren stetig sinken. Mit der Fertigstellung des Glen Canyon Dams (Link) wurde der Glen Canyon ab dem 13. März 1963 vom Colorado überflutet und bis zum 22. Juni 1980 zum Lake Powell aufgestaut. Benannt wurde er nach dem Bürgerkriegsveteranen Major John Wesley Powell, der im August 1869 mit acht weiteren Männern den Glen Canyon erforschte (Quelle: Wikipedia).
Wir genossen die Ruhe und schauten gespannt zu, wie grosse Lastwagen noch grössere Hausboote transportierten. Wir konnten uns geht vorstellen, welch reges Treiben hier während der Hochsaison wohl herrschen mag. Dann, wenn alle Leute mit ihren Booten ankommen und diese ins Wasser setzen. Wir verliessen die Bullfrog Marina und unser Weg führte über den Highway 276 nach Norden. Dieser geht in den Highway 95 über und über Hanksville erreichten wir auf dem Highway 24 die Abzweigung (GPS Koordinaten: 38°37’22.8″N 110°34’15.6″W) in die Lower San Raffeal Road, welche zum Horseshoe Canyon führt. Für diesen 140 Kilometer langen Streckenabschnitt sollte man ohne Pause rund 90 Minuten einplanen.


Der Horseshoe Canyon Trailhead lag noch weitere 50 Kilometer vor uns. Die Strassen sind ab hier nicht mehr asphaltiert, jedoch gut oder sogar sehr gut unterhalten. Dennoch kann sich der Strassenzustand vor allem nach Niederschlag schnell ändern. Dies kann sogar dazu führen, dass Abschnitte unpassierbar werden. Davon gingen wir heute aber mal nicht aus, denn schliesslich hatte es in den Wochen ja sogar Monaten vorher nicht geregnet. Alles war extrem ausgetrocknet. Und wie immer sollte man bei Fahrten im Backcountry genügend Wasser, Isolationsdecken, Taschen- oder Stirnlampen, ein Fernglas, warme Jacke sowie eine Notration Essen mitführen. Man weiss nie, was geschen kann. Doch dazu später mehr ! Das Gebiet des Horseshoe Canyons wurde im Jahr 1971 in den sieben Jahre vorher gegründeten Canyonlands National Park integriert. Dies mit dem Ziel, die im Canyon sehr gut erhaltenen frühindianischen Felszeichnungen unter Schutz zu stellen. Zuvor war der Horseshoe Canyon auch als Barrier Canyon bekannt. Geografisch konnte der Horseshoe Canyon allerdings nicht integriert werden. Dafür liegt er zu abgeschieden von den anderen Distrikten des National Parks. Einen Besuch hatten wir schon lange vorgesehen und heute sollte es klappen. Wir waren etwas spät dran, und ob wir die sechsstündige Wanderung im vollen Umfang würden bestreiten können, war noch nicht klar. Das war uns aber auch egal. Wir wollten einfach einmal hierhier, auch wenn wir nicht alle einzigartigen Felszeichnungen gleich beim ersten Besuch sehen können.

Wir waren gut unterwegs und nach etwas mehr als der Hälfte der Wegstrecke erreichnten wir ein Gebiet mit Sand Dünen (GPS Koordinaten: 38°29’16.8″N 110°19’58.8″W). Dieser Streckenabschnitt kann infolge von Verwehungen einer Wüste gleichen und ist dann mit ohne Allradantrieb und Bodenfreiheit nicht passierbar. Das war aber heute nicht der Fall. Alles kein Problem. Bei Sandverwehungen kann dieser Abschnitt auch umfahren werden. Das Strassennetz in dieser abgeschiedenen Gegend ist beträchtlich gross. Früher wurde hier viel Viehzucht betrieben, und auch Minenarbeiter legten die eine oder andere Strasse an. Wichtige Verzweigungen sind aber immer angeschrieben und so sollte man sich eigentlich nicht verfahren können. Falls dies aber doch geschieht, immer an den letzten, bekannten Punkt zurückfahren, und sich dort neu orientieren.


Wenig später sind wir gut beim Horseshoe Canyon Trailhead angekommen (GPS Koordinaten: 38°28’26.4″N 110°12’00.0″W). Wie üblich verfügt er über eine kleine und saubere Sanitäranlage sowie über einen sogenannten Kiosk mit einigen Hinweistafeln mit interessanten Informationen über die Geschichte, Geologie und eben auch über die Felszeichnungen, die unten im Canyon auf uns warteten. Es besteht zudem die Möglichkeit, hier zu campieren. Der Wanderweg hinunter in den Canyon ist jederzeit gut markiert und kann nicht verfehlt werden. Die Temparaturen an diesem Oktober Tag waren sehr angenehm. Man stelle sich vor, hier im Hochsommer bei Temperaturen von deutlich über 40 Grad Celsius unterwegs zu sein. Das Mittragen von vier Liter Wasser pro Person ist dann die Grundregel. Wir begnügten uns heute mit etwas weniger. Der Weg hinunter führt meistens über Slickrock Gestein. Nach etwas weniger als einem Kilometer erreicht man einen grossen, runden Wasserbehälter. Dieser stammt aus der Zeit, als in dieser Gegend Viehzucht betrieben wurde. Das ist heute aufgrund der Integration in den Canyonlands National Park nicht mehr erlaubt. Kurz vorher kann man ungefähr 30 Zentimeter lange, versteinerte Dinosaurier Spuren besichtigen (GPS Koordinaten: N38° 28′ 01″, W110° 11′ 55″). Wir wussten das nicht und erst beim Schreiben dieses Berichts bin ich bei Nachforschungen auf diese Hinweise gestossen.
Wir kamen gut voran und die ersten Blicke hinunter in den Horseshoe Canyon waren möglich. So mussten wir auch feststellen, dass noch einige Höhenmeter zwischen uns und den Felszeichnungen lagen. Zu den Zeiten als intensive Viehwirtschaft das Landschaftsbild prägten, wurden der heutige Wanderweg als Saumweg für Waren und Vieh benutzt. Ein altes Gatter mit Hinweisschild stammt wohl noch aus dieser Zeit (Bild oben rechts). Unten beim Talboden angelangt, führt der Weg nach Rechts in den Horsehoe Canyon hinein. Wir folgten den Fussspuren im Sand des ausgetrocketen Barrier Creeks. Steinmännchen (Cairns) oder Hinweisschilder sucht man hier vergebens.


Der Horseshoe Canyon beherbergt einige der best erhaltenen und der bedeutendsten, grössten frühindianischen Felszeichnungen in Nordamerika. Aber auch die steilen Felswände, die alten Cottonwood Bäume sowie die Blütenpracht im Frühjahr sind sehenswert. Die Geschichte der Bewohner dieser Gegend im und um den Horseshoe Canyon geht 11’000 Jahr zurück. Diese Datierung war aufgrund der Funde von Artifakten möglich. In einer späteren Periode zwischen den Jahren 2’000 vor bis 500 nach Christus machten jagende und sammelnde Nomaden den Horseshoe Canyon zu ihrem saisonalen Zuhause. Sie hinterliessen uns ihre Felszeichnungen im Barrier Stil. Die bekannteste Ansammlung von Felszeichnungen (Pictographs) aber auch geritzte Bilder (Petroglyphs) ist die Great Gallery. Sie enthält lebensgrosse Darstellung von Menschen ohne Arme und Beine. Dieses Fehlen sind typische Merkmale des Barrier Stils. Später besiedelten die Fremont und Pueblo Kulturen dieses Gebiet. Auch sie hinterliessen ihre künstlerischen Spuren, bevor sie diese Gegend vor ungefähr 700 Jahren verliessen.
Aber auch Outlaws wie Butch Cassidy flüchteten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in das Gebiet der vernetzten und unübersichtlichen Canyons dieser Gegend. Sie fanden hier Unterschlupf. Anfangs des 20. Jahrhunderts errichteten Rancher Saumpfade hinunter zum Canyon, um das Wasser des Barrier Creeks zu erschliessen. Es ist auch denkbar, aber nicht nachgewiesen, dass Wasser hinauf zu den runden Behältern gepumpt wurde. In den 1950 Jahren wurden die Minengesellschaften auf der Suche nach Uranerzen und Ölvorkommen auf diese Gegend aufmerksam. Sie erweiterten die Saumpfade, damit diese mit Zug- und Bohrfahrzeugen befahren werden konnten. Fündig wurden sie aber nicht und zogen wieder ab. Wir zogen nicht ab sondern weiter. Auch wenn wir nicht bis zur ganz hinten im Horseshoe Canyon liegenden Great Gallery gelangen würden, so wollten wir doch zumindestens einen Teil der anderen Gallerien besichtigen.


In unmittelbarer Nähe hätte eigentlich die High Gallery sein müssen. Wir fanden sie zunächst nicht. War sie verschwunden oder hatten wir sie einfach übersehen ? Das Letztere war der Fall. Wie der Name schon sagt, liegt die Gallery in der Höhe und ohne Blick nach oben bleibt sie einem verborgen. Wir gingen zurück an den vermuteten Standort, schauten dann endlich nach oben und sie da, sie war nicht verschwunden. Wir fragten uns an dieser Stelle, wie die Zeichnungen in dieser Höhe so kunstvoll entstehen konnten. Entweder wurden Kletterhilfen angefertigt oder, einfacher zu erklären, der Canyonboden war vor 4’000 Jahren höher gelegen. Es werden ja auch Touren angeboten, welche ein Park Ranger leitet. Das wäre natürlich auch sehr interessant und lehrreich zugleich. Da bleibt keine Frage offen. Dies ist aber nur mit Voranmeldung und soviel ich weiss, nur einmal die Woche möglich. Die Höhe und Distanz zum Betrachter führte sicher auch dazu, dass die High Gallery keinen Vandalen Akten zum Opfer fiel. Wir waren nun auf der Suche nach der nächsten Gallery. Diese war wesentlich einfacher zu finden, erkennt man sie doch schon von Weitem, liegt sie doch praktisch auf Augenhöhe.

Die Horseshoe Gallery liegt direkt gegenüber der High Gallery. Sie ist besser für das Auge fassbar und wirkt deshalb in ihrer Grösse etwas eindrücklicher auf den Besucher. Zudem sind nebst den Arm- und Beinlosen Menschenwesen auch Tiere gezeichnet. Beide Typen konnten wir in der High Gallery nicht ausfindig machen. Lag die High Gallery im Schatten, erstrahlte die Horseshoe Gallery im Sonnenlicht.

Die Frage war nun, ob wir noch bis nach hinten via Alcove Gallery zur Great Gallery wandern wollten oder nicht. Wir berechneten den Zeitaufwand für den restlichen Hin- aber auch für den Rückweg über die knapp 300 Höhenmeter hinauf zum Parkplatz. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit und der Fahrstrecke zurück nach Moab entschieden wir uns an dieser Stelle für die Rückkehr. Die Felszeichnungen haben bis zu 4’000 Jahre überdauert und werden wohl auch noch in zwei oder drei Jahren hier sein.

Bei der obigen grossartigen Darstellung einer Jagdszene fragten wir uns, ob diese wirklich zeitgenössisch ist. Besonders der Jäger zur Rechten erscheint uns, als wäre er nachträglich hinzugefügt worden. Egal, die Darstellung ist so oder so sehr eindrücklich. Die Höhendifferenz haben wir ganz gut bewältigen können, und so sind wir auf demselben Weg gut wieder oben beim Parkplatz angekommen. Die gesamte Wegstrecke vom Trailhead oben beim Parkplatz hinunter in den Canyon und bis nach ganz hinten zur Great Gallery und wieder zurück beträgt zwölf Kilometer. Dafür sind mindestens sechs Stunden einzuplanen. Die Höhendifferenz beträgt knapp 300 Höhenmeter. Der Weg ist ganzjährig begehbar, jedoch sollten die Sommermonate wegen der Bruthitze oben und besonders unten im Canyon gemieden werden.
Wir wollten nicht denselben Weg zurück zum Highway 24 fahren sondern bevorzugten, auf der Lower San Raffael Road den Book Cliffs entgegen nach Green River zu fahren. Obwohl die 73 Kilometer Dirt Road bis hinauf nach Green River eine vorsichtigere Fahrweise verlangen, sollte es nicht viel länger dauern als auf der mehrheitlich asphaltierten, aber längeren Variante. Wir fuhren auf direktem Weg in einen prächtigen Sonnenuntergang und entdeckten südlich von Green River noch ein ganz spezielles Badlands Gebiet. Zum einen wäre das das Horse Bench Reservoir (GPS Koordinaten: 38°51’00.0″N 110°12’57.6″W). Keine Anhung, wer auf diesen Namen gekommen ist. An Pferde erinnert der weitestgehend ausgetrockene See überhaupt nicht. Durch die Verdunstung sind wohl verschiedenste Art und Formen von Kristallen entstanden. Da wäre aber auch ein namenloses Badlands Gebiet südlich von Green River (GPS Koordinaten: 38°51’50.4″N 110°12’43.2″W. Auch hier war der Lichteinfall aussergewöhnlich. Das Licht der untergehenden Sonne liess eine ganz besondere Stimmung aufkommen, was die nachfolgenden Bilder sicher gut wiedergeben.

Eigentlich wollten wir kurz vor Green River dem uns bekannten zum Crystal Geyser am Green River einen Besuch abstatten. Wir wären aber wohl erst nach Sonnenuntergang dort gewesen. Zudem hätten wir ihn nur von der gegenüberliegenden Flussseite sehen können. Wir waren schon auf dem Weg dorthin, kehrten dann aber um und fuhren direkt nach Green River und von dort auf dem schnellsten Weg nach Moab, wo wir müde und voller toller Eindrück am Abend ankamen. Auf der Interstate 70 lohnte sich noch ein Blick in den Rückspiegel.

Photo Galerie
«Die Felszeichnungen im Horseshoe Canyon»
Offizielle Horseshoe Canyon Visitor Brochure (in English)