Von Kelten und Leuchttürmen

Heute stand wieder ein etwas grösseres Programm auf dem Tagesplan und so haben wir nicht allzu spät auf dem Campingplatz Camping des Abers ausgeckeckt. Der Aufenthalt hat uns wirklich gut gefallen. Freundlicher Empfang, saubere sanitäre Anlagen sowie eine tolle Lage direkt am Strand. Was will man mehr ? Als erstes besuchten wir heute das Galeriegrab (auch Dolmengrab genannt) von Le Guilliguy. Dieses befindet sich meernah auf einem 30 Meter hohen, traumhaft gelegenen Felsvorsprung auf dem Gebiet der Gemeinde Ploudalmézeau über dem Hafen des Ortsteils Portsall im Westen des Départements Finistère.

Dolmengrab bei Guilliguy
Das Galeriegrab von Le Guilliguy an traumhafter Lage

Die nicht vollendeten Ausgrabungen, die 1991 und 1992 von Michel Le Goffic durchgeführt wurden, führten zu wichtigen Entdeckungen. Das Denkmal, das als Allée couverte verstanden wurde, zeigte sich nach der Ausgrabung als Dolmen mit seitlichem Zugang, der in der Bretagne selten ist. Darüber hinaus wurde in der Nähe der vergrabene, ovale Stein entdeckt, der das Seelenloch (Öffnung für die Seele der verstorbenen Person) verschloss. Der Dolmen erscheint heute als ein rechtwinkelig geknicktes Megalithbauwerk, dessen Zugang durch die Errichtung einer Grabanlage in der Bronzezeit (2’200 bis 800 vor Christus) teilweise zerstört und das eines seiner Decksteine beraubt wurde. Dolmen ist in Frankreich der Oberbegriff für Megalithanlagen aller Art.

Dolmengrab bei Guilliguy
Galerie- oder auch Dolmengrab bei Guilliguy

Der Dolmen besteht aus dem beschädigten, etwa in Nord-Süd-Richtung orientierten Gang mit einer Restlänge von etwa vier Metern, von dem nur noch drei Tragsteine erhalten sind. Ein laterales Seelenloch am östlichen Ende ermöglicht den Zugang in die knapp 7 Meter lange Kammer, von der noch alle elf Trag- und zwei (von vermutlich fünf) Decksteinen erhalten sind. Eine einst geschlossene und nur teilweise erhaltene Vorkammer liegt im Westen. Reste der ovalen Hügeleinfassung sind auf der Südseite erhalten. Der deckende Erdhügel (Tumulus) ist ebenso verschwunden wie die Füllsteine.

Dolmengrab bei Guilliguy
Einblick in die Grabkammer

Auf dem höchsten Punkt des Felsvorsprungs, etwa 15 Meter hinter der Grabkammer, wurde im Jahre 1895 ein etwa vier Meter hohes monolithisches Steinkreuz aufgestellt, dessen Schaft und Querarme oktogonal behauen sind. Das Kreuz ist auf das Jahr 1715 datiert und stand 180 Jahre lang auf dem nahegelegenen ehemaligen Friedhof des Ortes.

Etwa 50 Meter südöstlich steht ein nur etwa 1.2 Meter hoch aufragender Menhir. Über dessen Zusammenhang mit der Grabstätte nur spekuliert werden kann. Ein weiterer, etwa gleich grosser Stein liegt unmittelbar daneben.

Menhir bei Guilliguy
Der 1.2 Meter hohe Menhir

Nach diesem einmaligen Abstecher in die Vergangenheit fuhren wir der schönen Küste entlang auf der D127 und D27 weiter in Richtung Süd-Westen zu einer Landzunge vor der Île de Melon. Die Küstenlandschaft präsentierte sich von ihrer schönsten Seite. Wir hielten mehrmals an und versuchten die tolle Stimmung in Bildern festzuhalten. Ich denke, in der Nähe des Pointe de Landunvez ist uns dies besonders gut gelungen.

In der Nähe des Pointe de Landunvez entland der D127
In der Nähe des Pointe de Landunvez entland der D127

Weiter südlich befindet sich der gut erhaltene Wachtposten Guérite de Melon aus dem 17. Jahrhundert. Um sich gegen die immer wieder angreifenden Engländer zu schützen, wurde im 17. Jahrhundert die ganze Bretonische Küste mit einem Verteidigungssystem ausgestattet. Der Guérite de Melon diente seit dann der Unterbringung der französischen Küstengarde. Zudem bot er Schutz für die französischen Zöllner, welche die Küste entlang des Zöllnerwegs überwachten. Der Name Melon stammt von einem Heiligen.

Guérite de Melon
Guérite de Melon

An dieser Stelle lief aufgrund von starken Winden am 25. Juli 1644 ein holländisches Schiff auf Grund. An Bord war die aus England flüchtende Henriette de France, Gattin von Charles I von England. Die Königin, begleitet von ihrer Tochter, musste hier warten, bis sie via Brest nach Paris gelangen konnten.

Henriette de France
Eine zeitgenössische Darstellung der Landung von Henriette de France mit ihrer Tochter
Phare de Trézien
Phare de Trézien

Als Gegensatz zu dem bisherigen heutigen Sehenswürdigkeiten folgte nun ein Leuchtturm der besonderen Art. Es handelt sich um den Phare de Trézien. Dieser steht nicht etwa an toller Lage an der Küste oder auf einer vorgelagerten Insel. Nein, er steht 500 Meter landeinwärts in der Ortschaft Plourazel. So etwas hatten wir vorher noch nie gesehen.

Der 37 Meter hohe Leuchtturm wurde im Jahr 1894 erbaut. Er markiert die Grenze des Atlantischen Ozeans zum Ärmelkanals und ist nach den beiden Leuchttürmen Saint Mathieu und Kermorvan der dritte in Richtung Norden, der zur Chenal du Four Passage führt, einem wichtigen Seeweg zwischen Festland und Molène Archipel. Der Phare de Trézien ist in den Sommermonaten für Besucher geöffnet. Na ja, da hatten wir wie schon oft dieses Jahr Pech. Egal, wir sind sicher wieder einmal in dieser Gegend und werden dann die 132 Stuften empor steigen.

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Das unter Naturschutz stehende Insel Archipel von Molène sowie die Schiffspassage Chenal de Four (Quelle: Internet)

Nur wenige Kilometer südlich des Phare de Trézien liegt das Kap Pointe de Corsen. Wir befinden uns hier am westlichsten Punkt Kontinentalfrankreichs und geniessen den Blick in Richtung Kanada.

Pointe de Corsen
Was liegt denn alles in der Ferne ?
Pointe de Corsen
Hier gehts rüber nach Kanada

Auf den Phare de Trézien und dem Pointe de Corsen ging die Reise wieder ein paar Tausend Jahre zurück. Wir spührten den Menhir von Kerloas auf. Dieser liegt im Pays de Léon zwischen den Orten Plouarzel und Saint-Renan etwa 200 m westlich des gleichnamigen Bauernhof. Er ist zusammen mit dem Menhir vom Champ Dolent der grösste unter den noch aufrecht stehenden Menhiren in der Bretagne. Der ungefähr 9,50 Meter hohe gebauchte Stein ist seit dem Jahr 1883 als Monument historique anerkannt.

Menhir von Kerloas
Der Menhir von Kerloas ist nicht zu übersehen

Der etwa 150 Tonnen schwere Granitstein wurde aus etwa 3 km Entfernung vom Aber Ildut hierher gebracht. Der Menhir mit zwei breiten und zwei schmalen Seiten hat einen Umfang von etwa 6,20 Meter an der Basis beziehungsweise knapp 7 Meter in 3,75 Meter Höhe und muss einmal deutlich über 10 m hoch gewesen sein. Seine Spitze brach schon vor Jahrhunderten bei einem Unwetter wahrscheinlich einem Blitzschlag ab. Die Trümmer wurden lange Zeit auf einem benachbarten Hof «heilig gehalten».

Menhir von Kerloas
Er bewegt sich nicht

Der in die Zeit um 4’000 v. Chr. zu datierende Grossmenhir ist mit einer Verkeilung gesichert, die vor Jahrzehnten von Schatzsuchern beschädigt wurde. Dabei kamen Keramikscherben zutage, die der älteren Bronzezeit (um 1’700 vor Christus) zuzurechnen waren.

Die Funktion der Menhire ist unklar. Die gängigen Vorstellungen reichen vom Zentrum eines Versammlungs- oder Kultplatzes über Landmarken bis hin zu astronomischen Interpretationen. Auch Heilkräfte wurden den Steinen zugeschrieben. Der Menhir von Kerloas war lange Gegenstand eines lokalen Aberglaubens. Junge Paare kamen vor ihrer Vermählung nachts an diesen Ort und rieben ihre Körper an dem Stein, in der Hoffnung, schöne Kinder zu bekommen. Die Funktion der Menhire ist unklar.

Menhir von Kerloas
Panoramasicht

Die grossen Menhire am westlichen Rand des Leon, dem nördlichen Teil der bretonischen Halbinsel, sollen nach Meinung einiger Wissenschaftler Teil eines astronomischen Systems gewesen sein. Ihre Bearbeitung und ihr Transport zeugen von hoher handwerklicher und technischer Fertigkeit.

Der Menhir von Kerloas steht nicht völlig isoliert da, sondern wird mit den beiden Grossmenhiren von Kergadiou, 8 Kilometer westlich von Plourin-Ploudalmezeau, in Verbindung gebracht. Die beiden Menhire bilden ein nordwestlich ausgerichtetes Steinpaar, das möglicherweise einst eine längere Steinreihe bildete (Quelle: Wikipedia).

Wir machten nun einen Zeitsprung zurück an die Küste ins Naturschutzgebiet Kermorvan. Dort liegt am Kap der gleichnamige Leuchtturm Phare de Kermorvan. Dieser kann leider nicht besichtigt werden. Die Anlage ist verschlossen. Der Leuchtturm ist das Bindeglied zwischen den Leuchttürmen Saint-Mathieu und Trézien.

Der viereckige Leuchtturm wurde im Jahr 1849 auf einem Felsen am Ende der naturgeschützten Kermorvan Halbinsel erbaut und stellt den am westlichsten gelegenen Leuchtturm auf dem französischen Festland dar. Der Zugang zum Turm wird über eine Brücke aus Granit sichergestellt. Der Leuchtturm ist nicht zu besichtigen und wird seit 1994 aus Brest ferngesteuert. Die kontrastreichen Farben waren sehr eindrücklich, und einmal mehr hatten wir grosses Glück mit dem Wetter. Vom Parkplatz bis zur Halbinsel sind es nur wenige Minuten zu Fuss. Auf halbem Weg ist noch ein Menhir in einem Feld erkennbar.

Phare der Kermorvan
Phare de Kermorvan

Unser Weg führte weiter der Küste entlang Richtung Süden. Wir besuchten eine der wohl bekanntesten Sehenswürdigkeiten in der Bretagne, den Pointe Saint Mathieu. Hier am Kap liegt die Chapelle Notre Dame des Graces, der Phare de Saint Mathieu, eine alte Abtei sowie ein Semaphore.

Der Phare de Saint Mathieu wurde auf dem Gelände der alten Abtei Saint Mathieu errichtet wurde. Seine Tragweite beträgt 55 Kilometer. Der Leuchtturm wird seit dem 23. Mai 2011 als historisches Monument Frankreichs geführt und ist für Besuche zugänglich.

Bereits am 19. November 1691 wird angeregt, auf dem Turm der Abtei ein Leuchtfeuer zu entzünden. Die Aufrechterhaltung der kostspieligen Feuer gestaltete sich jedoch aus wirtschaftlichen Gründen schwierig. So wurde das Feuer der Abtei nur in dunklen Herbst- und Winternächten betrieben. Dazu kam die Tatsache, dass Kohle sehr ineffizient war und eine grosse Feuergefahr für die Abtei darstellte.

Im Dezember 1695 wurden Kupferlampen installiert, die jedoch auch diverse Nachteile mit sich brachten. So wurde bei fallendem Ölstand oder durch Rauch verschmutzte Fenster die Sichtweite der Leuchtfeuer deutlich eingeschränkt.

Pointe Saint Mathieu
Gesamtansicht des Kap Pointe Saint Mathieu mit Kapelle, Leuchtturm, Abtei und Semaphore

Nach Beschwerden von ranghohen Militärs mietete die französische Marine im Jahr 1701 den Leuchtturm in Verbindung mit einem Wohnhaus und besetzte diesen permanent mit einem Wärter. 1750 wurde der Turm durch Stürme stark beschädigt.

Im Jahre 1771 liess Generalleutnant d’Estaing einige wichtige Änderungen vornehmen. So wurde als Brennstoff für die neuen Dochtlampen eine Mischung aus Raps- und Fischöl verwendet und das Leuchtfeuer mit polierten Metallplatten ummantelt. Diese Massnahmen steigerten die Reichweite auf 30 km.

Im Jahr 1820 wurde der Leuchtturm mit insgesamt acht Lampen und diversen Reflektoren ausgestattet, was noch einmal die Reichweite erhöhte. Um aber eine ausreichende Reichweite des Leuchtfeuers zu erhalten, war der Turm schlichtweg zu niedrig.

Phare de Saint Mathieu
Phare de Saint Mathieu

Aufgrund des schlechten Zustandes des Abteiturms, wurde am 15. Juni 1835 der Auftrag zum Bau eines neuen Leuchtturms erteilt. Dieser sollte einen Durchmesser von 3,6 Meter und eine Höhe von 37 Meter erhalten und auf einem runden Gebäude, ausgestattet mit Geschäften und einem Wohnbereich für den Leuchtturmwärter, errichtet werden. Eine Treppe führt zur Lichtanlage, die rund 56 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Die Reichweite beträgt nun 55 Kilometer. Befeuert wurde mit Raps- oder Mineralöl, bevor 1935 die Elektrifizierung erfolgte. Im Juni 1963 bekam Saint-Mathieu sein heutiges Aussehen. Weiss mit roten Streifen und der Aufschrift Saint-Mathieu. Der Turm wurde 1996 automatisiert (Quelle: Wikipedia).

Etwas ausserhalb liegen zwei der wohl ältesten keltischen Kreuze, welche in der Bretagne zu finden sind. Sie sind nicht zu übersehen, liegen sie doch direkt an der Strasse. Den Schafen scheints auch zu gefallen.

Les deux crois de Saint Mathieu
Les deux crois de Saint Mathieu

Die beiden Steelen aus der Eisenzeit unterscheiden sich in Form und Gestein. Sie tragen je ein Kreuz das nach Westen zeigt, dem mythischen Abendland der Kelten. Man weiss nicht, ob sie einen Zufluchtsort für Verfolgte darstellen oder ob hier früher Urteile gefällt und vollzogen wurden.

Nun wurde es aber Zeit, dass wir uns auf den Weg zum Campingplatz La Plage de Goulien machten, war es doch schon später Nachmittag und vor uns lag noch die Umfahrung von Brest sowie die Fahrt durch eine Grossteils des Parc Naturel Régional d’Armorique. Die Fahrt verlief ohne Probleme, und wir konnten uns für die kommende Nacht einen schönen Stellplatz aussuchen. Der Strand liegt in unmittelbarer Nähe und kann in fünf Minuten zu Fuss erreicht werden. Der Tag wurde mit einen einmaligen Sonnenuntergang am Plage de Kersiguénou gekrönt.

Plage de Kersiguénou
Sonnenuntergang am Plage de Kersiguénou
Photo Galerie
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