Frühstück am Nordkapp – Dem gefühlten Ende der Welt

Am frühen Morgen noch vor Sonnenaufgang für die MS Polarlys in den Hafen von Honningsvåg auf der Insel Magerøya ein. Wir waren schon seit einiger Zeit auf den Beinen, denn wir hatten uns spontan für die Buchung des Aufluges «Frühstück am Nordkapp» entschieden. Wir tauschten diesen gegen das Mitternachtskonzert in der Eismeerkathedrale von Tromsø ab.

Wir gingen um 5:30 Uhr in Honningsvåg von Bord und bestiegen den Reisebus. Vorher wurde an Bord heisser Kaffee serviert. In den beiden Reisebussen (einer mit deutscher und einer mit englischer Führung) gelangten wir über schnee- und eisbedeckte Strassen nach Norden. Den Weg kannten wir von unserer Besichtigung der Fischerdörfer Skarsvåg und Kamøyvær (Link) zwei Tage zuvor. Heute, vor Sonnenaufgang, war die Stimmung aber noch dramatischer. Es kam uns vor, als führen wir an das Ende der Welt. Wir machten noch kurz Halt an einem Aussichtspunkt mit tollem Blick auf den Risfjorden, bevor die Reise ans Nordkapp weiterging. Es war bitter kalt.

Unsere thailändische (kein Tippfehler) Reiseführerin erklärte uns so manch interessante  Geschichten über die Erschliessung und die Gegenwart des Nordkapps und der Kommune. Auf die Frage weshalb sie hier lebt, antwortete sie, sie habe sich bei ihrem ersten Besuch in Land und Leute verliebt. Wir konnten das absolut nachvollziehen.

Das Nordkapp (zu Deutsch «Nordkap») liegt einer der Nordspitzen von Magerøya. Es handelt sich dabei um ein steil aus dem Eismeer emporragendes Schieferplateau, welches oft fälschlich als nördlichster Punkt Europas bezeichnet wird. Tatsächlich ist die drei Kilometer weiter westlich des Nordkaps gelegene Landzunge Knivskjellodden der nördlichste Punkt der Insel Magerøya und der Kommune Nordkapp. Nun, das sollte man nicht so genau sehen. Der erste Tourist, der das Nordkap besuchte, war im Jahre 1664 der italienische Priester Francesco Negri. Seither zieht es Reisende aus der ganzen Welt in dieses Gebiet.

Nordkapp
Unsere Reisegruppe ist am Nordkapp angelangt

Die Kommune «Nordkapp» wurde im Jahr 1861 errichtet und trug zunächst den Namen Kjelvik. Wichtigster Erwerbszweig war die Fischerei auf Dorsch und Seelachs. Der Seelachs war dabei insbesondere im Handel mit Russland von grosser Bedeutung. Der von den Fischern der Gemeinde gefangene Fisch wurde in großen Mengen auch von süd- und nordnorwegischen Produzenten von Klippfisch (Stockfisch) aufgekauft. Mit Aufkommen von Motorbooten Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sowohl die Fischfangzeit als auch die Fischereigebiete noch weiter auf ausgedehnt, was ein weiteres Wachstum der Branche zur Folge hatte. Seit 1893 wird das Gemeindegebiet von Schiffen der Hurtigruten regelmässig angelaufen.

Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden mehrere Strassenbauprojekte durchgeführt. 1899 entstand die Strasse von Vågen nach Holmmen, 1902 von Honnigsvåg nach Verstersida und 1913 bis 1917 die Strasse nach Nordmannset (Quelle: Wikipedia).

Sonnenaufgang am Nordkapp

Sonnenaufgang am Nordkapp
Sonnenaufgang am Nordkapp
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Wir hatten nun genügend Zeit, das Nordkapp auf eigene Faust zu erkunden und im Restaurant ein feines Frühstück zu uns zu nehmen sowie uns aufzuwärmen. Wir waren zum Glück die einzige Reisegruppe. Vom Hörensagen muss es in den Sommermonaten einen ziemlichen Andrang geben. Das Bild oben sagt mehr als tausend Worte. Die einzigartige Stimmung – einer Mischung aus mächtig schwebenden, dunklen Wolken, wärmespendenden Sonnenstrahlen, einer glatten See sowie Eis und Schnee – liess uns fühlen, als wären wir am Ende der Welt angekommen. Wir mussten nun aufbrechen, denn vor uns lag noch eine weite, dreistündige Fahrt nach Hammerfest, wo uns die MS Polarlys im Hafen an Bord nehmen sollte.

Karte

Auf der Insel Magerøya stoppten wir noch kurz bei einem samischen Ehepaar, welches daran war, die Insel in Richtung Süden, wo ein Winterquartier auf sie wartete, zu verlassen. Die Samen (in Norwegen wird der Ausdruck «Lappen» strengstens vermieden) sind ein indigenes Volk im Norden Skandinaviens. Ihr Siedlungsgebiet erstreckt sich von Südschweden bis Nordschweden, Norwegen, Finnland und Teilen von Russland. Die ursprünglichen Sprachen der Samen gehören zur Familie der uralischen Sprachen, sind also mit dem Finnischen, Ungarischen und Samojedischen verwandt (Quelle: Wikipdedia).

Same und Rentier auf der Insel Magerøya
Same mit Rentier

Wir verliessen die Insel Magerøya durch den Nordkapptunnel. Dieser verbindet als Teil der Europastrasse 69 die Insel Magerøya mit dem Festland. Der Unterwassertunnel ist 6’875 Meter lang und liegt an der tiefsten Stelle 212 Meter unter dem Meeresspiegel. Er wurde am 15. Juni 1999 vom Norwegischen König nach fünfjähriger Bauzeit eröffnet. Die grösste Steigung beträgt 10 %. Der Nordkaptunnel ist der drittlängste Unterwassertunnel Europas. Der Tunnel darf mit dem Fahrrad durchfahren werden. Um Frostschäden zu vermeiden, gibt es an beiden Portalen automatische Tore, die sich im Winter ab einer bestimmten Temperatur schliessen. Sie öffnen sich, wenn Fahrzeuge einen Detektor passieren (Quelle: Wikipedia).

Unterwegs im Nordkapp Tunnel
200 Meter unter Wasser

Die schöne Fahrt führte uns weiter entlang des 123 Kilometer langen und 10 bis 20 Kilometer breiten Porsangerfjord. Dieser gilt als der viertlängste Fjord in Norwegen.

Porsangerfjord
Der Porsangerfjord

Wir sind gut und pünktlich in Hammerfest angekommen. Wir gingen an Bord der MS Polarlys und haben die Sonne auf dem Aussendeck geniessen können. Dann nahmen wir wieder Fahrt in Richtung der Vesterålen auf. Hammerfest galt bisweilen als die nördlichste Stadt der Welt, zumindest bis Honningsvåg (circa 2’000 Einwohner) 1998 den Status einer Stadt erhielt. Seine Stadtrechte erhielt Hammerfest am 17. Juli 1789. Die Stadt ist nach einem alten Schiffsanlegeplatz benannt. Der erste Teil des Wortes, «Hammer“, bezieht sich auf die Anlegemöglichkeiten für Boote und Schiffe am «Berghammer». Der zweite steht für das «Festmachen» der Boote. Mit Vardø (1798) ist Hammerfest die älteste Stadt Nordnorwegens. Das Wetter präsentierte sich wieder von seiner schönsten Seite und die Aussicht auf die bereits tief verschneiten Berggipfel war einzigartig.

Im Hafen von Hammerfest
Im Hafen von Hammerfest

Auch Hammerfest wurde im November 1944 von den abziehenden Truppen der deutschen Wehrmacht niedergebrannt. Nur die Kirche überstand diese Zerstörung. Alle Gebäude wurden somit erst in der Nachkriegszeit wiedererrichtet.

Den Nachmittag und Abend verbrachten wir mehrheitlich auf den Aussendecks, um die schöne Fahrt bei bestem Wetter zu geniessen.

Unterwegs zu den Vesterålen
Unterwegs zu den Vesterålen

Der achte Tag auf See und Land war wiederum reich an bleibenden Eindrücken. Vor Mitternacht legte die MS Polarlys in Tromsø an, wo zahlreiche Passagiere das Mitternachtskonzert in der Eismeerkathedrale besuchten. Wir träumten in unserer Kabine dann aber vom Nordkapp.

Photo Galerie und Lightbox Show «Frühstück am Nordkapp»

 

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