Wir erreichen Bodø und die Lofoten

Am Abend des heutigen Tages würden wir die Lofoten Inseln erreichen. Vorher jedoch machten wir Halt in Bodø. Die Fahrt dorthin war wiederum einmalig. Der  bilderbuchmässige Sonnenaufgang war das frühe Aufstehen und die Kälte auf dem Aussendeck wert. Wir überquerten den nördlichen Polarkreis. Polarkreise nennt man die Breitenkreise auf 66° 33′ 55″ nördlicher und südlicher Breite, auf denen die Sonne an den Tagen der Sonnenwende gerade nicht mehr auf- bzw. untergeht.

Sonnenaufgang beim nördlichen Polarkreis
Sonnenaufgang beim nördlichen Polarkreis

Gebiete innerhalb des Polarkreises überschreiten nicht jeden Tag die Tag-Nacht-Grenze. In Gebieten, die innerhalb der Polarkreise liegen, kommt es daher zur Polarnacht und ein halbes Jahr später zum Polartag. Im Winter geht dort für mindestens einen Tag (mit zunehmender Breite mehr) die Sonne nicht auf, im Sommer dagegen scheint für die gleiche Anzahl von Tagen die Mitternachtssonne, das heisst, die Sonne sinkt nicht unter den Horizont. Die Überquerung des nördlichen Polarkreises wurde auf dem Aussendeck 7 gefeiert. Das war uns dann aber doch etwas zu früh. Wir entschieden uns, dies auf dem Rückweg südlich nachzuholen.

Mit der MS Polarlys unterwegs nach Bodø

Der prächtige Herbsttag lockte trotz den kühlen Temperaturen zahlreiche Passagiere auf die Aussendecks. Wir fuhren der Küste entlang und hielten in den kleinen Ortschaften wie zum Beispiel Nesna oder Ørnes kurz an, um Waren zu ent- oder beladen. Das Konzept der Hurtigruten ist genial. Es ist eine gute Mischung aus Tourismus, öffentlichem Verkehr und Handel. An jedem Hafen, sei er noch so klein, steigen Passagiere ein und aus. Zudem werden lokale Lebensmittel für die Verpflegung an Bord genommen. Diese geniessen die Passagiere dann meistens am gleichen Abend oder am nächsten Tag.

Photo Slide und Lightbox Show «Unterwegs nach Bodø»
Mit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach BodøMit der MS Polarlys unterwegs nach Bodø

 

Die in herbstlichen Farben stehenden Wälder, der blaue Himmel und die schneebedeckten Berggipfel gaben dem Ganzen einen unvergesslichen Rahmen. Es wurde auf den Decks fotografiert, was das Zeug hielt. Pünktlich um 12:30 Uhr erreichten wir Bodø. Die Polarnachtdauert vom 15. bis zum 29. Dezember, die Mitternachtssonne ist sichtbar vom 2. Juni bis zum 10. Juli. Die Stadt hat etwas über 51’000 Einwohner. Bodø wurde 1816 an der Stelle gegründet, an der sich damals die Faktorei Hundholmen befand. Ziel der Gründung war es, die Stadt anstelle von Bergen als Handelsplatz für die nordnorwegischen Fischer einschliesslich eines Handelsmonopols zu entwickeln und somit den Einfluss der Dänen, unter deren Herrschaft Norwegen stand, zu relativieren.

Die MS Polarlys läuft in Bodø ein
Die MS Polarlys läuft in Bodø ein

Während des deutschen Überfalls auf Norwegen und Dänemark im Zweiten Weltkrieg wurde Bodø am 27. Mai 1940 von der deutschen Luftwaffe angegriffen und fast vollständig zerstört. Daher besitzt Bodø heute nur noch wenige historische Sehenswürdigkeiten. Bodø war die norwegische Stadt, die im Zweiten Weltkrieg am meisten zerstört wurde. Der überwiegende Teil der Bewohner war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Notbaracken und Obdachlosenheimen untergebracht.

Wir buchten die Exkursion zu den Saltstraumen. Dies ist der stärkste Gezeitenstrom der Welt. Er liegt 30 Kilometer südöstlich von Bodø. Durch einen 2,5 Kilometer langen und etwa 150 Meter breiten Sund strömen im Wechsel der Gezeiten fast 400 Millionen Kubikmeter Wasser zwischen dem Saltfjord am Meer und dem Skjerstadfjord im Inland hin und her. Der Strom erreicht dabei Geschwindigkeiten von bis zu 40 Stundenkilometer. An seinem Rand entstehen gewaltige Strudel. Sie können einen Durchmesser bis zu zehn Metern erreichen und mehr als vier Meter in die Tiefe reichen. Die Ufer des Saltstraumen bieten begehrte Angelplätze, da das nährstoffreiche Wasser Fische anzieht. So wurde hier ein 22.7 Kilogramm schwerer Weltrekord-Seelachs gefangen. Lediglich bei Stillwasser, also beim Höchst- und Tiefststand, tritt für kurze Zeit Ruhe ein.

Unterwegs zum Saltstraumen bei Bodø
Unterwegs zum Saltstraumen bei Bodø

Stillwasser ? Kurze Ruhe ? Genau, diesen Moment haben wir perfekt erwischt. Schade, denn das Spektakel blieb aus. Wir sahen leider keine der gewaltigen Strudel, und auch das Wasser bewegte sich wenn überhaupt eher träge. Schade, wir hätten sicherlich einen anderen Ausflug gebucht, wenn wir das gewusst hätten. Mit einem bequemen Reisebus erreichten wir den Saltstraumen und hatten dort einige Zeit, um uns selbst mit dem «Spektakel» vertraut zu machen. Auch von der Führung her, war diese Tour nicht mit allen anderen zu vergleichen. Wir erhielten Kopfhörer, und im Bus wurde auf einem kleinen Monitor ein Lernfilm über die Saltstraumen gezeigt. Die Passagiere, welche jedoch die wesentlich teurere Speedboot-Fahrt gebucht hatten, waren sichtlich enttäuscht. Wir haben bei Hurtigruten auch ein ehrliches Feedback hinterlassen. Die Zeiten des Stillwassers sind ja genau bekannt. Also sollte man dann auch keine Exkursion anbieten. Egal, interessant und landschaftlich schön war es allemal.

Saltstraumen bei Bodø
Der Saltstraumen nimmt sich bei Stillwasser eine kurze Auszeit

Wir kehrten auf die MS Polarlys zurück und namen Fahrt in Richtung der Lofoten Inseln auf. Zielhafen war Svolvær oder genauer gesagt, die Lofotpils Brauerei, wo gegen 21:00 Uhr eine Führung mit anschliessender Bier Degustation auf mich wartete.

Fischverarbeitung
Fischverarbeitung ist der wichtigste Industriezweig in Bodø

Lofoten bestehen aus einer Gruppe von ungefähr 80 einzelnen Inseln. Seit circa 6’000 Jahren ist Lofoten bevölkert. Ursprünglich lebte man dort vom Fischfang und von der Jagd. Während der Wikingerzeit bildeten sich mehrere Siedlungen mit Häuptlingshöfen. Eine Nachbildung ist in Borg wieder aufgebaut worden. Ab dem 14. Jahrhundert beherrschten Kaufleute aus Bergen den Fischhandel. Je nach der Grösse des Fischfangs ging es den Einwohnern Lofotens gut oder schlecht. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es grosse Heringsvorkommen, die zu den heutigen Besiedlungen führten.

MS Polarlys
Wir kreuzen einen Leuchtturm auf dem Weg zu Lofoten

Die Landschaft war viele Jahrhunderte karg und kahl, es gab nur noch wenige Bäume, weil der Mensch die meisten Wälder für den Haus-, Schiffs- und Trockengestellbau abgeholzt hatte. Mittlerweile ist der Baumbestand in weiten Teilen von Lofoten wieder erheblich angewachsen. Seit 2018 gehört die Westküste der südlichsten Insel Moskenesøy und vorgelagerte Inseln als Lofotodden Nationalpark zu den Nationalparks in Norwegen.

Die MS Polarlys unterwegs nach Svolvær
Ein dramatischer Sonnenuntergang mit Inseln der Lofoten Gruppe im Hintergrund

Vorrangig sind die Ostseiten der Inseln besiedelt, da dort Wind und Seegang weniger stark angreifen. Die stellenweise über 1’200 Meter hohen Berge in Lofoten haben alpinen Charakter und halten allzu starke Wettereinflüsse ab. Die Gezeiten pressen das Wasser mit heftiger Gewalt zwischen den einzelnen Inseln hindurch, so dass zum Teil gefährliche Strudel entstehen.

Der Sonnenuntergang in Richtung Lofoten war unglaublich. Svolvær, mit knapp 5’000 Einwohnern die grösste Stadt der Lofoten, erreichten wir um 21:00 Uhr. Durch den Golfstrom ist das Klima Svolværs milder als das anderer Orte, die auf dem gleichen Breitengrad in Alaska oder Grönland liegen. Die Durchschnittstemperatur beträgt im Juli +13,9 °C und im Januar +1,8 °C.

Eine historische Aufnahme von Svolvær um 1890
Eine historische Aufnahme von Svolvær zwischen 1890 und 1905 (Quelle: Wikipedia)

Svolvær wurde im Jahr 1573 unter dem Namen Sválvær in den Krongütern verzeichnet und verblieb dort bis 1763. Hauptsächlich betrieb man Fischfang und Viehzucht. Des Weiteren wurde der Ort zu einer zentralen Anlaufstelle für Seefahrer. 1781 erhielt das Gut Svolvær das Privileg ein Gasthaus zu betreiben. Und eben seit einigen Jahren ist die Lofotpils Brauerei in Svolvær ansässig. Sie gilt als eine der ersten Micro Brauereien Norwegens und bezieht die Apparaturen, den Hopfen und Malz aus Deutschland. Das Wasser muss natürlich nicht importiert werden. Gebraut wird mit Lofot Hahnenwasser !

Die Führung durch die Lofotpils Brauerei in Svolvær
Die Führung durch die Lofotpils Brauerei in Svolvær
Wir degustierten grosszügig alle Lofotpils Biere
Wir degustierten grosszügig alle Lofotpils Biere

Die Degustation fiel äusserst grosszügig aus. Auch die Weihnachtsbiere konnten wir bereits degustieren. So ging ein weiterer, interessanter und vielseitiger Reisetag zu Ende. Die MS Polarlys nahm zur späten Stunde Fahrt Richtung Tromsø auf. Dort wartete am kommenden Nachmittag der nächste Landgang auf uns.

Nun, der Tag ging noch nicht ganz zu Ende. Wir lagen schon in den Betten in unserer schönen Kabine als gegen 23:00 Uhr eine Informationsansage durchkam. Das Expeditionsteam machte uns darauf aufmerksam, dass die MS Polarlys gegen 23:30 Uhr in den weltbekannten Trollfjord einfahren wird. Der Trollfjord ist ein zwei Kilometer langer Seitenarm des Raftsunds, welcher die Regionen Lofoten und Vesterålen voneinander trennt. Der Name Trollfjord leitet sich von den Trollen, den Zauberwesen der nordischen Mythologie, ab.

Die Einmündung des Trollfjords in den Raftsund ist nur 100 Meter breit. Im weiteren Verlauf erweitert sich der Fjord bis auf eine maximale Breite von 800 Metern. Die Südseite des Trollfjords wird durch den 1’045 bis 1’084 Meter hohen Trolltindan begrenzt. An der Nordseite steigen der 998 Meter hohe Blåfjell und der 980 Meter hohe Litlkorsnestinden fast senkrecht aus dem Wasser.

Die Schiffe der Hurtigruten biegen als besondere touristische Attraktion kurz in den Trollfjord ein. An der breitesten Stelle wenden sie und setzen ihre Fahrt durch den Raftsund fort. Das ist ein ziemlich spektakuläres Manöver, insbesondere bei Nacht in völliger Dunkelheit nur unterstützt durch die Schiffsscheinwerfer.

Wir also nichts wie los, warme Klamotten anziehen und raus auf das Deck. Zum Glück haben wir das gemacht. Die Einfahrt in den extrem engen Trollfjord und das Wendemanöver an Ort waren spektakulär gemacht. Es war total dunkel, und die Schiffsscheinwerfer leuchteten an die steilen Felswände, um so die Navigation überhaupt zu ermöglichen. Leider war es uns nicht möglich, in dieser Dunkelheit auch nur einigermassen brauchbare Aufnahmen zu machen. Hier aber dennoch eine tolle Aufnahme des Trollfjords, die ich im Internet habe finden können.

Trollfjord
Der Trollfjord von oben gesehen (Quelle: http://www.nordnorge.com)

Auf unserer Fahrt nach Süden würden wir das Spektakel am späteren Nachmittag bei frühem Abendlicht nochmals erleben können. Wir freuten uns darauf. Nun war es aber Zeit, Schlaf zu finden, denn am nächsten Tag stand wieder so einiges auf dem Programm.

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