Von Rock Springs nach Salt Lake City

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen von Ghost Towns. Deren zwei waren auf dem Tagesprogramm: Atlantic City und South Pass City. Beide liegen in Wyoming nördlich von Rock Springs und sind über die Interstate 80 gut erreichbar. Frühstück war im Clarion Hotel inbegriffen. Der Speisesaal war im Griff von Bikern mit Gehörschaden, den muss man haben, wenn man so laut spricht, und Cowboys im stilechten Outfit. Kein Wunder, denn in Rock Springs wurde ein Rodeo abgehalten.

Vor uns lagen etwas mehr als sechs Stunden reine Autofahrt und 595 Autokilometer. Eine nicht zu unterschätzende Strecke in Anbetracht der Besichtigung von zwei Ghost Towns.

Karte Orem

Die südliche Gegend des Bundesstaates Wyoming beherbergt eine grosse Anzahl an Ghost Towns unterschiedlichen Zustanden. Es gibt solche, da stehen keine Häuser mehr, und der Besucher muss erahnen, wie es damals ausgesehen hatte und zu und her ging. Andere Ghost Towns sind noch mit ein paar Häuserruinen präsent und andere, wie zum Beispiel South Pass City, wurden restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Doch dazu nachher mehr.

Die Anfahrt über die Interstate 80 nach Atlantic City ist nicht sehr spektakulär, einmal abgesehen von der unendlichen Weite der Prärie und unendlichen Strassen ohne Kurve. Das beste war die angenehme Temperatur. Zum ersten Mal seit Ende Juni genossen wir angenehme Temperaturen im 20 Grad Celsius Bereich. Das tat gut. Wir fuhren also nordöstlich in Richtung des Yellowstone National Parks, welcher gut vier Autostunden oder 338 Kilometer nördlich von Atlantic City liegt. Planmässig erreichten wir Atlantic City, verliessen die Interstate 80 und fuhren auf einer gut unterhaltenen Schotterstrasse zur Ortschaft.

Anfahrt nach Atlantic City im Bundesstaat Wyoming
Anfahrt nach Atlantic City

Die zahlreichen und massiven Schneeverbauungen, welche im Winter verhindern, dass der Schnee auf die Strasse verfrachtet wird, lassen erahnen, wie rauh und niederschlagsreich die Winter sein müssen. Heute war nichts davon zu spüren.

Willkommen in Atlantic City im Bundesstaat Wyoming
Willkommen in Atlantic City – 57 Personen warten auf deinen Besuch

Wir staunten nicht schlecht, immerhin wohnen hier noch ungefähr 57 Personen. Atlantic City ist also nicht im wahrsten Sinne des Wortes eine Ghost Town, auch wenn es auf uns so gewirkt hat. Man sieht einige Trucks und wenige Leute und der lokale Laden mit Kaffee war wohl auch geöffnet. Alles in Allem war die Stimmung aber sehr komisch und obwohl wir beinahe niemand gesehen hatten, fühlten wir uns die ganze Zeit hinweg beobachtet. So war es wohl auch.

Atlantic City liegt in einer Bergschlucht nahe dem South Pass im südwestlichen Wyoming und wurde im Anschluss an den Goldrausch im Jahre 1867 als Bergwerkslager gegründet. Bergbau wurde bis weit ins 20. Jahrhundert betrieben, dann aber aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit aufgegeben. In der Blütezeit herrschte eine rege Geschäftstätigkeit. Zahlreiche Schmieden und Sägereien aber auch Bierbrauereien prägten das Bild. Atlantic City beherbergte auch eine der ersten öffentlichen Schulen des Territoriums Wyoming, welches damals noch kein Bundesstaat war. Der Boom war aber wie vielerorts schnell vorbei und Atlantic City geriet beinahe in Vergessenheit als Emile Granier, ein Französischer Geschäftsmann, versuchte den Bergbau in den 1880er und 1890er Jahren wiederzubeleben. Dies jedoch ohne Erfolg.

Im folgte im frühen 20. Jahrundert eine Firma aus New York, welche die für damalige Verhältnisse moderne Dexter Mill konstruierte und eine zeitlang auch erfolgreich betrieb, bis diese auch geschlossen werden musste.

Mit der Carissa Mine and Mill besteht heute noch eine grosse Minenanlage, welche entlang der Anfahrt nach Atlantic City steht.

Gesamtansicht der restaurierten Carissa Mill and Mill in Atlantic City im Bundesstaat Wyoming
Gesamtansicht der Carissa Mine and Mill die etwas ausserhalb von Atlantic City liegt

Die Carissa Mine and Mill, welche eigentlich zu South Pass City und nicht zu Atlantic City gehört, wurde vor einigen Jahren restauriert, ist aber nicht öffentlich zugänglich. Geführte Touren werden aber von Donnerstag bis Sonntag von Memorial Day bis Labor Day gegen vorgängige Reservation angeboten (Telefon 307-332-3684 oder persönlich in der Dance Hall in South Pass City). Leider konnten wir nicht bis am frühen Nachmittag zuwarten. Das erlaubte unser Tagesprogramm nicht, interessant wäre es sicherlich gewesen.

In Atlantic City liegen Flyer auf, welche die historischen Gebäude erläutern. Entlang der Nummern machten wir uns auf den Weg zur Self-Guided Tour. Es war interessant, richtiges Ghost Town Feeling kam aber nicht auf. So machten wir uns auf den Weg nach South Pass City, einer klassischen Geisterstadt mit Wild West Romantik.

Photo Galerie «Atlantic City»

Der Weg nach South Pass City (Link zur eigenen Homepage) führt über die Schotterstrasse, welche wir schon für die Anfahrt nach Atlantic City benutzten. Wir freuten uns auf eine echte Ghost Town und wurden nicht enttäuscht. Nach kurzer Zeit erreicht man South Park City. Gebührenfreie Parkplätze stehen ausreichend zur Verfügung. Der erste Weg führt zur der beim Parkplatz liegenden Dance Hall, wo die Besucher Tickets gekauft werden. Die USD 4 pro Person machen sich bezahlt. Ein Besuch lohnt sich wirklich !

Die Dance Hall in South Pass City
Die Dance Hall in South Pass City

Auf Wikipedia ist folgendes über South Pass City zu lesen:  «Der South Pass diente den Reisenden des Oregon Trail von ca. 1840 bis zur Errichtung der Union Pacific Railroad im Jahre 1869 als Hauptübergang über die Rocky Mountains. 1866 wurde nahe der Passhöhe Gold gefunden. Ein Jahr später gründeten die vom Goldfund angelockten Goldsuchenden und Abenteurer South Pass City und die Carissa-Mine nahm den Betrieb auf. Der Boom hielt 1868 an. Die Bevölkerung auf dem South Pass stieg auf 2000, mehr als die Hälfte davon wohnte in South Pass City, die übrigen in den benachbarten Ortschaften Atlantic City und Hamilton City. Alleine South Pass City wies zu dieser Zeit über 250 Gebäude auf, darunter sieben Hotels und mehrere Läden. Minen- und Saloonbesitzer William Bright initiierte im ersten Parlament des Wyoming-Territoriums eine Gesetzesvorlage, gemäß der Frauen wählen durften. Das Gesetz trat 1869 in Kraft. Damit war Wyoming das erste Territorium der USA, in dem das Frauenwahlrecht eingeführt wurde. 1870 wurde Esther Hobart Morris, ebenfalls in South Pass City wohnhaft, zur ersten weiblichen Friedensrichterin ernannt.

Ab 1872 verließen viele Minenarbeiter und Geschäftsleute South Pass City, enttäuscht von den mageren Goldfunden und weil die Gegend weniger Geld umsetzte als erhofft. Bis 1875 war die Bevölkerung auf dem South Pass auf rund 100 Personen gesunken. Der nahegelegene Militärposten von Camp Stambaugh wurde 1878 aufgegeben. Spätere Goldfunde führten zu einem zweiten kleineren Boom, der die Bevölkerung vorübergehend wieder auf 500 steigen ließ. Insgesamt wird der Wert des Goldes aus der South-Pass-Region auf 7 Millionen US-Dollar geschätzt. Heute wohnt noch eine Handvoll Personen in South Pass City.

1966 kaufte die Wyoming’s 75th Anniversary Commission das Gebiet von South Pass City, um die lokale Geschichte als Freilichtmuseum der Öffentlichkeit zu präsentieren. Seit 1970 wird die South Pass Historic Site im National Register of Historic Places gefüḧrt. Inzwischen wurden rund 30 Gebäude von South Pass City restauriert und zur Besichtigung freigegeben. In den Gebäuden werden 30’000 Artefakte ausgestellt. 2004 kaufte die Behörde Wyoming State Parks and Cultural Resources die etwas ausserhalb gelegene Carissa-Mine.»

Main Street in South Pass City im Bundesstaat Wyoming
Main Street in South Pass City

Das Örtchen ist im warsten Sinne des Wortes ein Freilichtmuseum. Die Gebäude wurden getreu restauriert und die 30’000 Artefakte sind liebevoll ausgestellt. Der Besucher hat das Gefühl, als hätten die Bewohner die Stadt erst kürzlich verlassen. Man gewinnt einen ausgezeichneten Einblick in die Lebensweise in dieser rauhen Landschaft. Die einzelnen Räume sind mit Glasscheiben, durch welche man gut fotografieren kann gesichert.

South Pass City
Einen doppelten Whiskey aber schnell !

Wir schlenderten während zwei Stunden durch die einzelnen Gebäude und machten uns dann auf den weiten Weg in Richtung Salt Lake City. Es überrascht nicht, dass South Pass City zwischen Mitte Oktober und Mitte Mai geschlossen ist. Meterhohe Schneemauern und eisige Temperaturen verhindern einen Besuch.

Photo Galerie «South Pass City»

Die Fahrt nach Orem, einem Vorort südlich von Salt Lake City, verlief gut aber ohne nennenswerte Höhepunkte. Wir wählten die Route durch das Heber Valley, ein Naherholungsgebiet in der Nähe von Salt Lake City. Es hiess einfach Kilometer abspuhlen, denn für den nächsten Tag erwarteten wir Monika, Andrin und Ciril am International Flughafen von Salt Lake City.

Wir übernachteten im Hampton Inn in Orem. Dieses liegt in der Nähe der Jeep Vertretung, bei welcher wir für den nächsten Vormittag einen Termin für den fälligen Ölwechsel gebucht hatten. Danach wollten wir Monika und die Jungs treffen. Doch leider kam es anders. Aufgrund eines Ausfalls eines Fluges blieben sie in Los Angeles stecken und schafften es am Samstag nicht, nach Salt Lake City zu fliegen. So verbrachten wir die Zeit unter anderem im IKEA und übernachteten eine Nacht zusätzlich im Hampton Inn Downtown.

Nach einer nicht sehr geruhsamen Nacht in der Transitzone des Flughafens in Los Angeles sind Monika, Andrin und Ciril dann gut aber total erschöpft in Salt Lake City angekommen. Am Montag, dem 23. Juli, fuhren wir gemeinsam nach Moab. Unterwegs war natürlich Shopping in einer Outlet Mall angesagt.

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